Pankreas Klinik Schweiz

Ursachen, Behandlung
und die Folgen
einer akuten Entzündung

Unter akuter Pankreatitis versteht man eine akute, plötzlich einsetzende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Es kommt zur Schädigung der Bauchspeicheldrüsenzellen, was zu einer vorübergehenden Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüse führt. Je nach Schweregrad der Schädigung kann es auch zum Absterben von Bauchspeicheldrüsenzellen kommen.

Dabei werden verschiedene schädigende Stoffe in den gesamten Körper abgegeben, die Patient:innen lebensbedrohlich erkranken lassen. Im Krankheitsverlauf können auch andere Organe angegriffen werden und in ihrer Funktion eingeschränkt werden. Wir unterscheiden zwei Formen der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung: Die akut ödematöse Pankreatitis und die akut nekrotisierende Pankreatitis.

Zu Beginn einer Pankreatitis ist es in der Regel nicht erkennbar, welche der beiden Erkrankungsformen vorliegt bzw. sich entwickelt. Deshalb müssen alle Patient:innen mit einer akuten Pankreatitis frühzeitig intensiv betreut werden.

Normales Pankreas 1500x1070

Normales Pankreas

Was sind die Ursachen der akuten Pankreatitis?

Grundsätzlich gibt es eine lange Liste möglicher Gründe für eine akute Pankreatitis. Allerdings sind in Mittel- und Westeuropa Gallensteine und der Alkoholexzess für etwa 80% der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen verantwortlich. Alkohol und seine Abbauprodukte schädigen das Pankreasgewebe direkt. Wenn Gallensteine aus der Gallenblase in den Galleausführungsgang gelangen, können diese kurz vor der Einmündung in den Zwölffingerdarm den Bauchspeicheldrüsengang verstopfen, was dann eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung auslösen kann. Neben diesen häufigsten Gründen gibt es weitere, seltene Ursachen wie Infektionskrankheiten, verschiedene Medikamente, Fehlbildungen im Bereich der Pankreasgänge, Stoffwechselstörungen, Erbfaktoren usw. Schlussendlich gibt es auch einen kleinen Teil von Patient:innen, bei denen eine Ursache für eine Pankreasentzündung bis heute nicht ermittelt werden konnte.

1. Die akute ödematöse Pankreatitis

Diese stellt die milde Form der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung dar. Etwa 85% der Patient:innen mit einer akuten Pankreatitis leiden unter diesem Krankheitsbild. Dabei kommt es nur zu einer vorübergehenden Schädigung der Bauchspeicheldrüse, wobei meistens keine anderen Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Pankreas schwillt durch die Entzündung an und es treten vorübergehende Funktionsstörungen auf. In aller Regel erholen sich die Patient:innen vollständig und es entsteht keine Dauerschädigung der Bauchspeicheldrüse.

Akute Oedematoese Pankreatitis 1500x1070

1. Die akute ödematöse Pakreatitis

Die violett gefärbten Bereiche zeigen Schwellungen und Ödeme in und um die Bauchspeicheldrüse.

2. Die akut nekrotisierende Pankreatitis

Etwa 15% der Patient:innen mit einer akuten Pankreatitis leiden unter dieser schwersten Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Es kommt zu einer plötzlichen, breitflächigen Zerstörung von Bauchspeicheldrüsengewebe. Zudem kommt es häufig zum Versagen anderer Organe wie der Lunge oder Nieren und damit zu einer akuten Gefährdung des Lebens. Auch bei guter Erholung resultiert meistens eine lebenslange funktionelle Einschränkung der Bauchspeicheldrüse (Verdauungsstörungen, Zuckerkrankheit). Je mehr Bauchspeicheldrüsengewebe zerstört worden ist, desto grösser der Funktionsverlust. Ausserdem kann das abgestorbene Gewebe zu Problemen im Bauch führen. Oft bilden sich Pseudozysten, Abszesse oder Passagebehinderungen im Gallengang, Magen oder Darmverlauf. Diese Komplikationen müssen dann je nach Ausmass individuell behandelt, oft auch operiert werden.

Nekrotisierende Pankreatitis 1500x1070

2. Die akut nekrotisierende Pankreatitis

Schwere nekrotisierende Pankreatitis nach ERCP und Stenteinlage in den Gallengang: Nekrosezonen in und ausgedehnt um die Bauchspeicheldrüse mit Blutung (violett eingefärbte Bereiche).

Was sind die Krankheitszeichen bei einer akuten Bauch­speichel­drüsen­entzündung?

  • Plötzlicher Beginn
  • Stärkste, dumpfe Oberbauchschmerzen (oft gürtelförmig in den Rücken ausstrahlend)
  • Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl
  • Fieber

Behandlung der akuten Bauch­speichel­drüsen­entzündung

Die Behandlung der akuten Pankreatitis richtet sich nach den Beschwerden. Je nach der Verlaufsform (milde oder schwere Form) unterscheidet sich die Therapie. Grundsätzlich sollte jede:r Patient:in mit akuter Pankreatitis in einer Klinik überwacht und behandelt werden. Dort wird die zu behandelnde Person zunächst nüchtern bleiben, um damit die Bauchspeicheldrüse ruhig zu stellen und Schmerzmittel sowie Infusionen erhalten. Zudem wird der Kreislauf, die Lunge und die Niere sorgfältig überwacht. Je nach dem weiteren Verlauf kann früher oder später mit einem Kostaufbau begonnen werden. Sollte sich eine schwere Form der akuten Pankreatitis abzeichnen, wird die Person auf die Intensivstation verlegt. Hier wird situationsabhängig die Behandlung der Organstörungen vorgenommen und überwacht.

Wann ist eine Operation notwendig?

Eine Operation bei schwerer akuter Pankreatitis ist bei ungefähr einem Drittel der Patient:innen notwendig. Verschlechtert sich der Zustand und wird eine Infektion oder Blutung im abgestorbenen Pankreasgewebe nachgewiesen, ist eine Operation erforderlich. Dabei wird man den Bauch durch einen Längsschnitt in der Mitte eröffnen, und die infizierten, abgestorbenen Bauchspeicheldrüsenteile entfernen. Schliesslich werden mehrere Schläuche (Drainagen) eingelegt, durch die der Raum um die Bauchspeicheldrüse ausgespült wird, um so eine weitere Infektion zu verhindern. Bei einem schweren Verlauf der akuten Pankreatitis kann es zu einem mehrwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus kommen.

Neben der Behandlung des akuten Beschwerdebilds ist es nötig, die Ursache der akuten Pankreatitis zu ermitteln. Sollte ein Gallengangstein für das Entstehen verantwortlich sein, wird man diesen so früh als möglich mit Hilfe einer ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatiokografie) entfernen. Danach können das Sekret der Bauchspeicheldrüse und die Gallenflüssigkeit wieder in den Zwölffingerdarm abfliessen und der Schädigungsmechanismus ist unterbrochen. Nach dem Ausheilen der akuten Gallenstein-Pankreatitis muss die Gallenblase entfernt werden. Meistens geschieht dies mit Hilfe der sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie (minimal invasive Chirurgie, laparoskopische Cholezystektomie).

Im Rahmen einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung wird man Patient:innen immer nach dem Alkoholgenuss fragen. Es gibt Menschen, die selbst bei mässigem Alkoholgenuss durch eine gesteigerte Empfindlichkeit eine solche Entzündung entwickeln. Andererseits gibt es übermässige Trinker:innen, die niemals eine akute Pankreatitis erleiden. Ungeachtet davon ist es für Patient:innen absolut lebenswichtig, dass nach einer akuten Pankreatitis – zumindest vorübergehend – kein Alkohol mehr getrunken wird.

Folgen einer akuten Bauch­speichel­drüsen­entzündung

Neben den funktionellen Schäden an der Bauchspeicheldrüse wie der Minderung der Verdauungsleistung (durch die Unterproduktion von Verdauungsenzymen im Restpankreas) oder eine sich neu entwickelnden Diabetes mellitus (auf Grund einer verminderten Bildung von Insulin) können folgende Probleme auftauchen:

1. Pseudozysten-Ausbildung

Aufgrund der Gewebeschädigung der Bauchspeicheldrüse und durch das Absterben ganzer Drüsenabschnitte kann es zu einem Einriss im Pankreasgangsystem kommen. Das austretende Pankreassekret oder Blut sammelt sich in oder um die Bauchspeicheldrüse an. Diese Ansammlungen von Pankreassaft, Blut und abgestorbenem Gewebe werden Pseudozysten genannt und kommen abgekapselt im oder am Pankreas vor. Oft verschwinden Pseudozysten ohne Therapie im weiteren Verlauf. Allerdings gibt es Pseudozysten, die immer grösser werden und schliesslich auch zu Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen und Gewichtsverlust führen können. Auch eine Passagebehinderung des Speisebreis im Magen, Dünn- oder Dickdarm oder eine Behinderung des Gallenabflusses kann vorkommen. Schliesslich besteht die Gefahr, dass die Pseudozysten zerplatzen und sich ihr Inhalt in den Bauchraum entleert. Bei symptomatischen Pseudozysten ist in der Regel eine Operation erforderlich. Dabei wird ein Teil des Dünndarms eröffnet und auf eine Pseudozyste aufgenäht, damit der Zysteninhalt ungehindert direkt in den Darm abfliessen kann. Oft kann man auch endoskopisch (minimal invasiver Eingriff mittel Endoskop) eine Drainage (Ableitung) erreichen.

2. Pankreasabszess

Gelegentlich kann es nach dem Abklingen des akuten Entzündungsschubs zu einer Ansammlung von Eiter in der Umgebung des Pankreas kommen, was zu Fieberschüben führen kann. Oft gelingt es, den Abszess unter lokaler Betäubung und unter Röntgenkontrolle (Ultraschall oder CT) zu punktieren und einen Katheter einzulegen, damit der Eiter abfliessen kann. Gelingt dies nicht, ist eine Operation notwendig. Zusätzlich muss vorübergehend mit Antibiotika behandelt werden.

Ein Teil meiner Bauchspeicheldrüse wurde entfernt – wie weiter?

Bei Patient:innen, bei denen ein Teil oder sogar die ganze Bauchspeicheldrüse entfernt werden musste, kann es je nach Ausmass der Entfernung zu einer Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüse kommen. Dabei stehen folgende zwei Probleme im Vordergrund: 

  • zu wenig Pankreasenzyme (führt zu Verdauungsproblemen)
  • zu wenig Insulin (führt zu hohem Blutzucker)

Diese Mangelzustände werden mit entsprechenden Medikamenten ausgeglichen.

Pankreasenzymsubstitution

Heute sind Präparate auf dem Markt, die die eigenen Enzyme des Pankreas ersetzen (z.B. Kreon). Diese Enzympräparate müssen zu allen Hauptmahlzeiten und auch bei Zwischenmahlzeiten (Snacks) eingenommen werden. Die nötige Dosierung ist von Patient:in zu Patient:in unterschiedlich und richtet sich nach der Nahrungszusammensetzung und nach dem individuellen Beschwerdebild. Entscheidend ist, dass unter dieser Therapie ein Völlegefühl und die Durchfälle mit Fettauflagerungen verschwinden. Typischerweise sind zu den Hauptmahlzeiten mehr Kapseln einzunehmen als zu den Zwischenmahlzeiten. Damit die Medikamente ihre Wirkung erfüllen können, müssen sie mit der Nahrung in Kontakt kommen. So werden pro Tag zwischen sechs und zwölf Kapseln benötigt. Allerdings kann die Anzahl auch bedeutend höher oder niedriger sein, je nach vorhandener Restfunktion der Bauchspeicheldrüse und dem Präparat, das in sehr unterschiedlichen Enzyminhalten angeboten wird.

Diese Präparate sind meistens sehr gut verträglich und haben praktisch keine Nebenwirkungen. Ganz selten kann es zu einer allergischen Reaktion kommen.

Insulinsubstitution

Sollten sich nach der Bauchspeicheldrüsenkrankheit oder der Operation hohe Blutzuckerwerte zeigen, ist es notwendig, eine entsprechende Blutzuckertherapie durchzuführen. Anfänglich, und bei nicht stark erhöhten Blutzuckerwerten, erfolgt die Therapie mit Hilfe von angepasster Nahrungsaufnahme und Tabletten, die den Glukosespiegel beeinflussen. Allerdings wird durch den Wegfall der insulinproduzierenden Zellen im Pankreas meistens eine Insulinbehandlung notwendig. Für die Insulinbehandlung stehen heute die verschiedensten Insulintypen zur Verfügung, die es erlauben, die Therapie sehr individuell zu gestalten. Ziel einer jeden Therapie ist dabei das persönliche Wohlbefinden und eine gute Einstellung des Blutzuckerwertes. Damit können schwere Folgeschäden in der nahen und fernen Zukunft vermieden werden. Besonders in der Anfangsphase ist eine engmaschige Betreuung durch den Hausarzt bzw. -ärztin oder Spezialist:in erforderlich.

Meine Milz wurde entfernt – wie geht es weiter?

Es ist möglich, dass im Rahmen einer Bauchspeicheldrüsenoperation die Milz mitentfernt werden muss.

Wir können ohne Milz leben, jedoch spielt die Milz eine Rolle in unserer Immunabwehr. Ohne Milz ist man empfindlicher für bakterielle und andere Infektionen. Bestimmte bakterielle Erkrankungen können bei Menschen ohne Milz zu lebensgefährlichen Erkrankungen führen. Um die Patient:innen davor zu schützen, sollte man nach der Operation eine entsprechende Impfung erhalten. Hier sind besonders die Pneumokokken-Infektion und die Schutzimpfung vor dieser Erkrankung zu nennen. Nach etwa drei bis fünf Jahren müssen diese Impfungen nach den heutigen Richtlinien wiederholt werden. Jede:r Patient:in sollte beim Auftreten einer Infektion und Fieber den Hausarzt oder Ärztin aufsuchen und darauf hinweisen, dass die Milz entfernt wurde. So kann entscheiden, ob eine antibiotische Therapie notwendig ist.

Nach Milzentfernung kann es zu einem Anstieg der Blutplättchen (Thrombozyten) kommen. Daher ist eine regelmässige Kontrolle der Thrombozyten sinnvoll. Eine zu hohe Blutplättchenzahl im Blut fördert eine Thromboseneignung. Bei einem entsprechenden Wert werden Ihnen vorübergehend Medikamente verordnen, um die Thrombosegefahr zu verringern.