Chirurgische Therapieoptionen
bei Pankreaserkrankungen
Operationen am Pankreas werden aus den verschiedensten Gründen ausgeführt. Für die Wahl der Methode sind die Krankheit und die hierdurch verursachte Symptomatik ausschlaggebend. Der Chirurg oder die Chirurgin bespricht vor dem Eingriff mit dem Patienten / der Patientin den geplanten Eingriff. Gelegentlich ergibt sich während der Operation ein etwas anderes Bild als im Vorgespräch diskutiert, was ein geändertes Vorgehen erfordert. Auch diese Möglichkeit wird vor der Operation besprochen.
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1. Drainageoperationen
Bei diesen Verfahren werden Abflussstörungen, die bei der Erkrankung aufgetreten sind, beseitigt. Am häufigsten werden Pseudozysten, die sich im Verlauf einer Pankreatitis bilden können, auf diese Weise operiert. Die Pseudozyste wird eröffnet und mit einer ausgeschaltete Dünndarmschlinge verbunden, so dass das gestaute Sekret abfliessen kann.
Ist im Verlauf einer chronischen Pankreatitis der gesamte Pankreasgang erweitert, so wird gelegentlich die gesamte Bauchspeicheldrüse aufgeschnitten und die so geöffnete Drüse auf eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge aufgenäht. Dies führt zu einer oft nur vorübergehenden Besserung des Abflusses des Pankreassekretes und damit zu einer Schmerzverringerung.
Wird der Zwölffingerdarm durch einen Pankreaskopftumor verschlossen, wird die aufgenommene Nahrung nicht mehr weitertransportiert. Kann der Tumor nicht mehr ganz entfernt werden, so bietet es sich an, Betroffenen das Leben zu erleichtern und wenigstens normales Essen zu ermöglichen. Bei dieser Operation wird der Magen mit einer oberen Dünndarmschlinge verbunden, sodass die Nahrungspassage wieder möglich wird, indem sie an dem verschlossenen Duodenum vorbeigeleitet wird. Dieses Verfahren heisst Gastroenterostomie.
2. Resezierende Operationen
Durch Tumore oder Entzündungen der Bauchspeicheldrüse werden unterschiedliche Operationen notwendig. Hierbei ist sowohl das operative Vorgehen als auch die sinnvolle postoperative Nachsorge nicht einheitlich, sondern immer individuell auf den Patienten und die Patientin zugeschnitten. In jedem Fall wird ein Teil der Bauchspeicheldrüse entfernt.
Grundsätzlich wird angestrebt, organsparend zu operieren, um möglichst viel funktionsfähiges Gewebe zu erhalten. Dabei muss bei Tumoren immer ein ausreichender Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe eingehalten werden. Ob dieser ausreicht, wird durch den Pathologen, der das kranke Gewebe zur Untersuchung erhält, überprüft.
2.1 Pankreaslinksresektion
Dieses Verfahren wird bei Tumoren oder Entzündungen im Pankreasschwanz oder Teilen des Pankreaskörpers angewendet, wobei ein mehr oder weniger grosser Teil des Pankreas entfernt wird. In der Regel wird der Pankreasgang an der Trennlinie verschlossen. In manchen Fällen wird eine Drainage des Ganges an eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge vorgenommen. Es wird versucht, bei dieser Operation die Milz zu erhalten. Dies ist aber nicht immer möglich, weil die Blutgefässversorgung von Pankreasschwanz und Milz oft gemeinsame Verbindungen haben. Ausserdem wird in der Regel die Gallenblase entfernt, um späteren Komplikationen vorzubeugen.
Die Folgen nach der Operation sind abhängig von den entfernten Anteilen des Pankreas. In vielen Fällen treten keine Funktionsstörung durch Mangel an Verdauungsenzymen oder ein Diabetes mellitus auf. Musste die Milz entfernt werden, entstehen Veränderungen in der Infektabwehr und durch die Erhöhung der Blutplättchenanzahl (Thrombozyten) kann es zu einer gesteigerten Thromboseneigung kommen.
2.2 Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
Ein Verfahren, das ganz vorwiegend der Behandlung der chronischen Pankreatitis dient. Der Vorteil dieser Methode ist es, dass weniger Gewebe verloren geht und damit organschonender vorgegangen wird. Daraus resultieren auch geringere Spätfolgen bei gleich guten oder besseren Resultaten gegenüber der älteren Operationsverfahren.
Der Pankreaskopf wird aus dem Duodenum herausgeschält. Dies ist technisch sehr anspruchsvoll. Der Gallengang muss geschont werden, damit der Abfluss der Gallenflüssigkeit in den Zwölffingerdarm nicht gestört wird. Das verbleibende Pankreas wird dann an eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge angenäht. Dieser Operationsteil ist besonders diffizil, weil diese Verbindung zwischen dem Pankreas, seinem Gang und dem aufgenähten Dünndarm erheblichen Belastungen durch das aggressive Bauchspeicheldrüsensekret ausgesetzt ist. Die Gallenblase wird entfernt, um späteren Komplikationen des Gallenabflusses vorzubeugen. Der Magen und das Duodenum bleiben komplett erhalten. Der noch gebildete Bauchspeichel wird in den oberen Teil des Dünndarms zu der Nahrung und dem Gallesekret zugeleitet, damit die Verdauung normal funktionieren kann. Wenn sich der Gallengang nicht aus dem entzündeten Gewebe des Pankreaskopfes herauslösen lässt, ist es gelegentlich notwendig auch den Gallengang an eine Dünndarmschlinge anzunähen (so genannte biliodigestive Anastomose).
Die Folgen nach der Operation hängen von dem Ausmass der verlorengegangenen Bauchspeicheldrüsenfunktion ab. Durch das Verschwinden der Schmerzsymptomatik können Patient:innen in der Regel wieder normal essen. Unter diesen postoperativen Bedingungen kann eine exakte Beurteilung der verbliebenen Stoffwechselfunktion erfolgen und daraus die notwendige Behandlung abgeleitet werden. (Enzymersatz, Diabetestherapie, Vitamingaben).
2.3 Pankreaskopfresektion nach Kausch / Whipple
Diese Operation wurde bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ausgeführt. Aber erst durch die Verbesserung der Narkosebedingungen hat sie in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ihren Durchbruch als Standardbehandlung des Pankreaskopftumors gewinnen können. In einer grossen Zahl von Variationen wird sie heute noch angewendet. Beim klassischen «Whipple» werden 2/3 oder mehr des Magens, das Duodenum, die Gallenblase und der Pankreaskopf entfernt. Hierdurch gelingt es, an die bei einer Tumorentfernung wichtigen Lymphabflusswege, die Lymphknoten, zu kommen. Sie werden zur Sicherheit mitentfernt, um dann vom Pathologen untersucht werden zu können. In ihnen finden sich die ersten, kleinen Metastasen des Pankreaskrebses. Die Schwierigkeit dieser Operation ist die Verbindung des verbleibenden Pankreas mit einer ausgeschalteten Dünndarmschlinge, weil an der Anastomose zwischen Darm, Pankreasgang und Pankreasgewebe das aggressive Bauchspeicheldrüsensekret die Nahtstelle angreift. Da das Duodenum entfernt wird, muss auch der Gallengang in eine ausgeschaltete Dünndarmschlinge eingenäht werden.
Eine heute häufige Variation der Whipple-Operation ist es, den Magen zu bewahren. Dabei spricht man von einer pyloruserhaltenden Pankreaskopfresektion nach Traverso. (Der Pylorus ist der Magenpförtner).
Die Folgen dieser Operation können verschiedene Ursachen haben. Das Ausmass der Pankreaskopfresektion bestimmt die Funktionsverluste der Bauchspeicheldrüse mit den Störungen Enzymmangel, Diabetes mellitus und Vitaminresorptionsmangel. Ferner kann die Magenteilentfernung zu verschiedenen Komplikationen führen wie beispielsweise Dumping-Syndrom, fehlendes Magenreservoir, Vitamin B 12 Mangel, bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms etc. Die Einengungen der Gallenwegsanastomose mit nachfolgender Behinderung des Gallenabflusses oder die genannte bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms können zu aufsteigenden Gallenwegsentzündungen führen. Bei der Variation des Magenerhaltes kann an der neu angelegten Verbindung zwischen Magen und Darm eine Einengung der Anastomose zu einer Magenentleerungsstörung führen.
2.4 Pankreaskopferhaltende Duodenumresektion
Dieses relativ neue Verfahren erlaubt es, bei Tumoren der Papille – also des Ausführungsganges des Gallen- und Pankreassekretes – durch die alleinige Entfernung des Duodenums den Pankreaskopf zu schonen. Auf diese Weise werden zwar komplizierte Nahttechniken notwendig, weil der Bauchspeicheldrüsengang, der Gallengang und der Magen an den Dünndarm neu angeschlossen werden müssen, aber es gelingt, sehr organschonend zu operieren. Früher musste bei diesen Patienten die Whipple'sche Operation angewendet werden.
Folgen dieser Operation können nur durch Störungen an den Anastomosen entstehen. Da diese Technik aber noch relativ jung ist, liegen hier noch keine grossen Langzeituntersuchungen vor.
2.5 Totale Pankreatektomie
Bei dieser Operation wird die gesamte Bauchspeicheldrüse entfernt. Begleitend werden die Milz, 2/3 des Magens, das Duodenum und die Gallenblase reseziert. Technisch ist dieses Verfahren durch den Wegfall der Anastomose mit dem Pankreas eher einfacher als der klassische Whipple auszuführen. Auch hier muss der verkleinerte Magen mit dem Dünndarm verbunden werden. Die nachfolgenden Probleme für Patient:innen sind aber erheblich. Deshalb wird diese Operation nur als letztes Mittel angewandt, wenn keine Möglichkeit besteht, noch Pankreasgewebe zu erhalten.
In jedem Fall muss eine neue Verbindung zwischen dem Gallengang und einer ausgeschalteten Dünndarmschlinge angelegt werden. Auch bei dieser Operation gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Varianten, wobei versucht wird, den Magen oder die Milz oder beides zu bewahren.
Die Hauptprobleme dieser Operation ist die Stoffwechselführung der Patient:innen. Der Diabetes ist schwierig zu behandeln: Es fehlt neben dem Insulin dessen Gegenspieler, das Glukagon komplett. Das bedeutet, dass eine sehr grosse Gefahr für Hypoglykämien (Unterzuckerung) besteht. Durch die Magenoperation können die beim Whipple genannten Komplikationen ebenso eintreten, sie sind aber gravierender, weil der Diabetes eine regelmässige Nahrungszufuhr verlangt, damit das gespritzte Insulin nicht zu Unterzuckerung führt. Resorptionsstörungen und Vitaminmangel durch unsichere Resorption der Nahrung kommen hinzu. Die Milzentfernung bedeutet eine Minderung der Infektabwehr und häufig eine Vermehrung der Thrombozyten (Blutplättchen) und damit eine zusätzlich erhöhte Thrombosegefahr, ist diese doch bei Tumorpatient:innen sowieso erhöht.
2.6 Pankreassegmentresektion
Findet sich ein kleiner Tumor im Pankreaskorpus, kann man ihn gelegentlich organsparend entfernen. Das bedeutet, der Pankreaskopf mit dem Duodenum und der Pankreasschwanz mit der Milz können erhalten bleiben. Die Schwierigkeit dieser Operation ist die Verbindung zwischen den verbleibenden Pankreasteilen und dem Darm. Entweder der Pankreaskopf wird an seinem Ende verschlossen – der Bauchspeichel läuft dann normal in das Duodenum ab – oder es wird hier eine Dünndarmschlinge auf den Pankreasgang und das Pankreasgewebe aufgenäht. Diese Schlinge muss dann auch das Sekret aus dem verbliebenen Pankreasschwanz ableiten. Die Folgen dieser Operation sind selten durch den Mangel an Pankreasenzym oder Insulin hervorgerufen. Eher können hier durch die schwierigen operativen Massnahmen Probleme auftreten. Deshalb sollte dieses Verfahren nur in speziellen Zentren ausgeführt werden.